Klingende Stille

EKM: „Theatre of Voices" und Paul Hillier

Minutenlanger Beifall für „Theafre of Voices" und Paul Hillier in der Augustinuskirche. Das Festivalpublikum feierte das weltbekannte Vokalensemble und seinen Dirigenten für ein faszinierendes musikalisches Porträt des Komponisten Arvo Pärt.

Zum 80. Geburtstag von Arvo Pärt sind ausgewählte A-capella-Werke aus fünf Jahrzehnten zu hören. Der estnische Komponist ist in Gmünd kein Unbekannter — 2005 erhielt er den Preis der Europäischen Kirchenmusik. In Paul Hillier steht ein ausgewiesener Pärt-Kenner am Pult, der Gründer und künstlerischer Leiter des Ensembles „Theatre of Voices" ist. Spirituell motiviert sind Pärts Klangschöpfungen, tief religiös die Texte, die er vertont. Der „Alleluia-Tropus" nach einer Liturgie, die dem heiligen Nikolaus gewidmetl ist, lebt vom wiederkehrenden eingängigen Halleluja.

Eine Reise nach Mexiko inspirierte Pärt zum Chorstück „Virgencita", das eine Legende über die Erscheinung der Jungfrau Maria beschreibt. In die Stille hinein geschieht die Anrufung der Mutter Gottes durch die Frauenstimmen. Die Bitte „Salve nos" (Errette uns) steigert sich mit jeder Wiederholung vom leisen Flehen zum eindringlichen Rufen — wunderbar entfaltet sich der Chorklang.

Die Musik Arvo Pärts ist eng am Sprachrhythmus komponiert, einfach strukturiert und gleichförmig durch stetige Wiederholungen. Sie strahlt Ruhe und Frieden aus. Was nicht zuletzt am großartigen Ensemble und Leiter Hillier liegt, der komponierte Pausen als Momente klingender Stille kultiviert.

Die acht Sängerinnen und Sänger, stimmlich bestens ausgesrattet, artikulieren durchweg verständlich, ob sie nun spanisch, englisch, latein, deutsch oder kirchenslawisch singen. Klar und rein klingen ihre Interpretationen einer Musik, die — apart dissonant — sich immer wieder in wohlgefällige Harmonien auflöst.

Die Werke im zweiten Teil des Abends sind umfangreicher, größer angelegt. Und es scheint, als wollte Hillier, der das Programm zusammengestellt hat, den Hörern Gelegenheit geben, gänzlich einzutauchen in die Innenwelt pärtscher Musik. Sich zu verlieren in den entrückten Klängen des Agnus Dei aus „Missa syllabica" und in der farbigen Harmonik von „I am the true vine". Die lange Stille nach dem Verklingen des letzten Tons spricht für die ergreifende Wirkung dieser Musik.

BEATE KRANNICH

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